Drohnen erfreuen sich bei Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) wachsender Beliebtheit. In den letzten Jahren haben viele BOS Drohneneinheiten gegründet und mit entsprechender Technik ausgestattet. Die erlangten Einsatzerfolge, etwa bei Personensuchen oder aber auch bei Umwelt- und Brandeinsätzen, können stolz präsentiert werden. So vielzählig und wertvoll diese Spezialeinheiten auch sind, eint sie alle ein Nachteil: Die Geschwindigkeit, bis die Fluggeräte einsatzbereit sind und erstes Foto- und Videomaterial bereitstellen. Es dauert eben seine Zeit, bis die Einsatzkräfte vor Ort sind und den Drohneneinsatz vorbereitet haben.
Um diese Zeit erheblich zu verkürzen und Einsatzkräften Bildmaterial vom Notfallort bereits kurz nach Alarmierung verfügbar zu machen, fand letzten Dienstag am Flugplatz Norden-Norddeich ein Treffen für den Start eines innovativen Drohnenprojektes statt. Die FRISIA-Luftverkehr GmbH Norddeich, auch als die Inselflieger beziehungsweise FLN bekannt, hatten hierzu Vertreter der Kooperativen Regionalleitstelle Ostfriesland (KRLO),der Freiwilligen Feuerwehr Norden sowie den Firmen German Dynamic Drone Center (GDDC) und DroneS Control UG aus Schleswig Holstein eingeladen. Für FLN-Geschäftsführer Olaf Weddermann ist die Veränderung im Lufttransportwesen durch Drohnen mit ihren zahlreichen Einsatzmöglichkeiten, ein Weg in die Zukunft des Unternehmens. Neben Rettungs- und Ambulanzhubschraubern können zukünftig auch unbemannte Luftfahrzeuge von der jahrzehntelangen Erfahrung der Inselflieger profitieren.
Die Projektidee sieht vor, dass die KRLO nach Eingang eines Notrufs mit den zuständigen und erforderlichen Einsatzkräften auch die am Flugplatz Norden-Norddeich stationierte Drohne zum Einsatzort entsenden kann. Die Drohne wird dann von Piloten der Inselflieger zum Einsatz gesteuert. Sowohl die KRLO als auch die alarmierten Einsatzkräfte können das Videobild der Drohne dann online verfolgen.
Bei der Drohne handelt es sich um ein Komplettsystem des Herstellers DJI, welches aus einer Schutzbehausung samt Ladestation (Modell Dock 3) sowie der Drohne Matrice 4 handelt und wird mit einer DSGVO-Konformen Software von DroneS Control über einen PC gesteuert. Das neue System ist erst seit wenigen Wochen im Handel erhältlich. GDCC gehört zu den ersten deutschen Händlern, die dieses System präsentieren kann. Es kann nicht nur stationär, sondern auch mobil auf einem Fahrzeug mit Ladefläche, eingesetzt werden. Die Drohne verfügt über eine hochauflösende Kamera sowie eine Wärmebildkamera.
Der Einsatzradius um die Dockingstation beträgt mindestens zehn Kilometer. Vom Flugplatz Norddeich aus wäre so nahezu das gesamte Gebiet der Stadt Norden, das Wattenmeer, Teile der Samtgemeinde Hage das Wattenmeer mit den Schifffahrtswegen und weite Teile der Insel Norderney zu erreichen. Wenn eine Erkunderdrohne Sinn macht, dann an der ostfriesischen Küste, wo Einsatzkräfte lange Anfahrtswege haben und die vielen Touristen über wenig Ortskenntnisse verfügen“, machte der Leiter des kommunalen Teils der KRLO, Michael Grönheim, deutlich. „Der Flugplatz Norden-Norddeich ist dafür der optimale Standort“, so Grönheim weiter. Die Norder Feuerwehr hat immer wieder Einsätze im Wattenmeer abzuarbeiten, wo dessen Lage und der exakte Einsatzort lange unklar sind. Hier können Drohnen dazu beitragen, dass die Retter schneller mit den notwendigen Maßnahmen beginnen können. So kann wertvolle Zeit gewonnen werden. Neben der Erkundung wären der Transport von Laiendefibrillatoren (AED),Rettungsringe, Medikamente oder Gasmesstechnik weitere wertvolle Aufgabengebiete für BOS-Drohnen.
Während einer Vorführung konnten die Teilnehmer sich von den Vorteilen solch eine frühzeitigen Lufterkundung überzeugen. In einem fingierten Notruf wurde eine Rauchentwicklung auf dem Flugplatzgelände gemeldet. Während sich ein Fahrzeug der Feuerwehr Norden auf den Weg machte, startete auch die Drohne aus ihrem Dock. Nur 45 Sekunden nach Abschluss der Notrufabfrage war die Drohne bereits in der Luft und auf dem Weg zum gemeldeten Einsatzort. Dank einer speziellen Integration der Firma DroneS Control konnte ein Disponent in der KRLO auf den Livebildern eine Rauchentwicklung aus dem Gebäude sowie eine vor dem Gebäude liegende Person erkennen. Diese Informationen wurden den Feuerwehrleuten mit weiteren Angaben zu dem Gebäude per Funk mitgeteilt. Weiterhin konnte der Leistellenmitarbeiter die Einsatzkräfte auf dem kürzesten Weg zu der am Boden liegenden Person lotsen. Sowohl die diensthabenden Mitarbeiter der Leitstelle in Wittmund als auch die in Norddeich Anwesenden waren begeistert. „Das ist klasse! Das möchten wir jetzt immer so haben“, lautete eine der durchgängig positiven Rückmeldungen aus der Leitstelle.
Die Begeisterung konnte wenig später mit einem echten Einsatz nochmal gesteigert und die wahre Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt werden. Noch während man sich über weitere Einsatzmöglichkeiten von Drohnen bei den BOS austauschte, wurde die Freiwillige Feuerwehr Norden zu einem Einsatz an der Norddeicher Straße alarmiert. In einem Wohngebäude war es zu einer Rauchentwicklung gekommen. Rauchmelder waren während es Notrufs im Hintergrund des Anrufers zu hören. Während Stadtbrandmeister Thomas Kettler direkt vom Flugplatz zum Einsatzort fuhr, folgte ihm wenig später die Drohne. Inselfliegermitarbeiter Thomas Weege und zugleich Stellvertretender Stadtbrandmeister in Norden unterstützte den Drohnenpiloten vom Flugplatz aus bei der Navigation zum Einsatzort. Auch hier konnte die Leitstelle das Livebild aus zirka 120 Metern Höhe am Bildschirm mitverfolgen. Schon kurz vor Erreichen des rund vier Kilometer entfernten Einsatzortes, war noch keine deutlich sichtbare Rauchentwicklung zu erkennen. Ein Hinweis darauf, dass der Brand sich noch in der Entstehungsphase befindet und der alarmierte Kräfteansatz ausreichend erscheint. Wäre die Rauchentwicklung schon im Anflug sichtbar gewesen, hätte man die Alarmstufe schon frühzeitig können. Vor Ort konnte die Drohne das Objekt aus verschiedenen Winkeln erkunden. Aus der Ferne konnte auch das Eintreffen des Stadtbrandmeisters sowie die Anfahrt des ersten Löschfahrzeugs mitverfolgt werden. Dies war wohl der erste Feuerwehreinsatz der Systemkombination von DJI Dock 3 und der Matrice 4 in Deutschland.
Die Vorführung am Flugplatz sowie der Realeinsatz haben anschaulich und zweifelsfrei bewiesen, dass Drohnenbilder in der Frühphase einen wesentlichen Beitrag zum Einsatzerfolg beitragen können. Durch die Mobilität des Systems können die bei den BOS vorhandenen Drohneneinheit sinnvoll unterstützt werden. Die Veranstaltungsteilnehmer waren sich alle über den Mehrwert einig. Gemeinsam will man sich nun für das Projekt und dessen Umsetzung einsetzen.